Blankenheimer Rat einstimmig für Einführung der neuen Gemeinschaftsschule ab 01.08.2011
Das gab es noch nie seit der kommunalen Neugliederung : am Donnerstag, 25.11.2010 fand in der Aula des Schulzentrums Blankenheim eine gemeinsame Sitzung aller drei Räte aus den Gemeinden Blankenheim, Nettersheim und Dahlem statt. Auf der Tagesordnung standen dabei die noch ausstehenden Formalitäten zur Errichtung der von allen drei Kommunen in der gemeinsamen Schulentwicklungsplanung angestrebten Gemeinschaftsschule.
Während die Gemeinderatsmitglieder aus Blankenheim und Nettersheim allen Tagesordnungspunkten ohne Gegenstimme zustimmten, sprach sich der Dahlemer Rat zwar einerseits für die interkommunale und damit gemeinsame Schulentwicklungsplanung aus, die die Errichtung der Gemeinschaftsschule vorsieht. Als es aber darum ging, den konkreten Antrag für die Errichtung der Gemeinschaftsschule zum Schulbeginn 07.09.2011 zu stellen, wollte man wegen noch bestehenden Beratungsbedarfs noch keinen Beschluss fassen. Am Vorabend hatte es in Dahlem eine gut besuchte Elternversammlung gegeben, bei der viele kritische Stimmen geäußert worden waren. Man wollte daher in Dahlem zunächst das Ergebnis der Elternbefragung abwarten, die in den vergangenen Tagen erst angelaufen war. Zudem erhofft man sich, nach Vorliegen des pädagogischen Konzeptes eine bessere Entscheidungsgrundlage zu haben. Mitte Dezember wird dann auch im Dahlemer Rat in der letzten Sitzung endgültig über das gemeinsame Vorhaben abgestimmt.
Auch bei der am Dienstag, 23.11.2011 in der Aula des Schulzentrums durchgeführten ersten Information der Eltern von Grundschulkindern der 3. und 4. Klasse aus dem Blankenheimer Gemeindegebiet waren nicht unerhebliche Bedenken gegenüber der neu einzurichtenden Schule geäußert worden. Diese betrafen vor allem die Fragen der gemeinsamen Unterrichtung aller Schüler in Klasse 5 und 6 und die in Blankenheim auch angestrebte Oberstufe, also die Möglichkeit, dort Abitur zu machen. Deutlich wurde dabei, dass schon der Begriff der Gemeinschaftsschule in Abgrenzung zur Gesamtschule Schwierigkeiten machte und einige nicht nachvollziehen konnten, warum die neue Schule jetzt unter einem solchen Zeitdruck eingeführt wird, ohne dass das pädagogische Konzept bis ins letzte Detail vorliegen würde.
Am Freitag, 03.12.2010 findet ebenfalls in der Aula des Schulzentrum ab 18.00 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Eltern aus allen drei Gemeinden statt, an der auch Vertreter des Schulministeriums teilnehmen sollen und auf der dann erneut auf die Fragen der Eltern eingegangen werden soll.
Da der Diskussionsbedarf insgesamt offenbar noch hoch ist, soll hier einmal kurz dargestellt werden, wie es zu der jetzigen Entwicklung kam und was letztlich mit der Gemeinschaftsschule angestrebt wird:
Wieso haben wir gerade jetzt die Schuldiskussion ? :
Im Februar 2010 haben sich die Kommunen Blankenheim, Dahlem und Nettersheim darauf geeinigt, eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung vorzunehmen. Hintergrund waren die dramatisch sinkenden Schülerzahlen an den beiden Hauptschulen in Blankenheim und Nettersheim.
Die demografische Entwicklung und das Anmeldeverhalten der Eltern hinsichtlich der weiterführenden Schulen hatte dazu geführt, dass an beiden Schule nur aufgrund einer Ausnahmegenehmigung der Bezirksregierung zum Schuljahr 2010/2011 jeweils eine Eingangsklasse gebildet werden konnte. Im Rahmen dieser Ausnahmegenehmigung der Eingangsklasse in Blankenheim mit gerade einmal 16 Schülern ( in Nettersheim sogar nur 15 ) hatte die Bezirksregierung unmissverständlich darauf hingewiesen, dass für das darauf folgende Schuljahr keine weitere Ausnahmegenehmigung mehr erteilt würde. Da damit in jedem Fall ein Hauptschulstandort in Gefahr war, bestand unmittelbarer Handlungsbedarf hinsichtlich der Schulentwicklungsplanung.
Das mit der Schulentwicklungsplanung beauftragte Büro" Projektgruppe Bildung und Region" aus Bonn legte dann schwarz auf weiß die dramatische Entwicklung in unserer Region anhand statistischer Erhebungen und Prognosen dar. Im Hinblick auf die Entwicklung der Schülerzahlen und die vorhandene Raumsituation an den verschiedenen Schulstandorten empfahl die Projektgruppe den drei Gemeinden mit Nachdruck die Einführung der neuen Gemeinschaftsschule. Sie stelle die einzige Möglichkeit dar, eine krisensichere Schule für unsere Region zu schaffen, die eine wohnortnahe Beschulung ermögliche und alle Schulabschlüsse anbieten würde.
Was bedeutet überhaupt Gemeinschaftsschule ? :
Die Gemeinschaftsschule als solche ist im Schulgesetz von NRW nicht vorgesehen. Diese Schulform ist vielmehr im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die besonderen Bedürfnisse gerade in ländlichen Regionen entwickelt worden, um den verantwortlichen Schulträgern die Möglichkeit zu geben, auf die drastisch sinkenden Schülerzahlen und die dadurch sich ergebende Gefährdung der Schulstandorte zu reagieren. Rein rechtlich gesehen erfolgt dies über einen sog. Schulversuch, den das jetzige Schulgesetz als Möglichkeit vorsieht, auf Veränderungen in der Schullandschaft ohne vorherige Gesetzesänderung zu reagieren. Die neue rot-grüne Landesregierung in NRW hat sich mit Amtsantritt für die Durchführung dieses Schulversuches ausgesprochen und dazu nähere Eckpunkte entwickelt.
Ziel der Gemeinschaftsschule ist es danach, ein wohnortnahes Schulangebot zu ermöglichen. Im Hinblick auf das geänderte Anmeldeverhalten der Eltern hinsichtlich der weiterführenden Schulen sollen alle Kinder die Möglichkeit erlangen, bessere Abschlüsse zu erreichen, indem die Kinder nicht nach der 4. Klasse in verschiedene Schulformen differenziert werden, sondern in jedem Fall in der Klasse 5 und 6 weiterhin gemeinsam lernen. Ab der Klasse 7 erfolgt dann eine Differenzierung im Hinblick auf die angestrebten Schulabschlüsse, d.h., dass an der Gemeinschaftsschule alle bisher auch anerkannten Schulabschlüsse abgelegt werden können, also sowohl der normale Hauptschulabschluss als auch der Realschulabschluss (sog. mittlere Reife oder Fachoberschulreife) als auch das Abitur.
Zunächst hatte man in Blankenheim den Startzeitpunkt den 01.08.2012 vorgesehen. Da ein solcher Schulversuch jedoch zeitlich begrenzt ist, wies die Bezirksregierung und auch das Schulministerium darauf hin, dass Eile geboten sei, der Start schon zum 01.08.2011 erfolgen solle und eine Antragsstellung noch in diesem Jahr erforderlich sei.
Worin besteht denn der Unterschied zur Gesamtschule ?
Der Unterschied zur Gesamtschule, die nach dem jetzigen Schulgesetz als Schulform bereits anerkannt ist, besteht im Wesentlichen in den Voraussetzungen für die Neugründung einer solchen Schule. Während die Gesamtschule mit vier Parallelklassen gebildet werden muss, reichen für die Gemeinschaftsschule 3 Eingangsklassen aus. Die Gesamtschulklassen müssen eine Klassenstärke von 28 Schülern aufweisen, während die Mindestklassengröße bei Errichtung einer Gemeinschaftsschule bei 23 liegt. Die Gemeinschaftsschulen haben daher in jedem Fall kleinere Klassen
Die Gemeinschaftsschule muss anders als die Gesamtschule keine eigene Oberstufe anbieten, sondern kann auch durch Kooperationsverträge mit Gymnasien sicherstellen, dass die Schüler zur dortigen Oberstufe wechseln und Abitur machen. Für die in Blankenheim zu errichtende Schule hat man sich allerdings dazu entschieden, dort eine eigene Oberstufe anzubieten.
Aufgrund ihres "Versuchscharakters" erhalten die Gemeinschaftsschulen Lehrerstellenzuschläge und zusätzliche Fortbildungsbudgets wegen des erhöhten Fortbildungsbedarfs. Die Schule wird daher besonders gut ausgestattet sein, zumal das Lehrerkollegium zu je einem Drittel aus Haupt- und Realschulpädagogen sowie Studienräten bestehen soll. Ob ein Ganztagsunterricht verbindlich eingeführt wird, kann vor Ort entschieden werden. In Blankenheim hat man sich für einen bedarfsorientierten Nachmittagsunterricht an drei Nachmittagen in der Woche entschieden, an denen dann keine Hausaufgaben mehr gestellt werden.
Was passiert mit den jetzigen Haupt-und Realschülern, wenn die Gemeinschaftsschule tatsächlich kommt ?
Die Schüler, die zum jetzigen Zeitpunkt bereits die Haupt- oder Realschule besuchen, würden nach Errichtung der Gemeinschaftsschule diese Schule auch bis zu ihrem Abschluss durchlaufen. Haupt-und Realschule bestünden neben der neuen Schule also zunächst parallel weiter, würden aber Jahr für Jahr sukzessive auslaufen, während die Gemeinschaftsschule zunächst nur mit einem 5. Schuljahr starten und sich dann jährlich um einen Jahrgang erweitern würde. Die derzeitigen Schüler der Haupt- und Realschule in Blankenheim sind also von der neuen Schule grundsätzlich nicht betroffen, für sie ändert sich daher gar nichts. Zusammen mit der auslaufenden Hauptschule in Nettersheim gäbe es mit Errichtung der Gemeinschaftsschule genau genommen 4 verschiedene Schulen, drei auslaufende und eine neue. Das bedeutet dann natürlich auch, dass für diese Schüler in Blankenheim noch keine Oberstufe angeboten wird, sondern sie nach wie vor zur Erlangung des Abiturs in jedem Fall auf die herkömmlichen Gymnasien wechseln müssten. Für den Fall, dass einer von den jetzigen 5.Klässlern im Laufe seiner Schullaufbahn ein Schuljahr wiederholen müsste, würde dieser Schülern dann allerdings in die Gemeinschaftsschule integriert, und zwar in die Differenzierungsgänge, die den auch für seinen bisherigen Schulweg angestrebten Abschluss vorsehen. In keinem Fall müssten diese Schüler daher die Schule verlassen.
Bringt die neue Gemeinschaftsschule wirklich Vorteile ?
Es besteht zunächst einmal Einigkeit in allen drei beteiligten Kommunen, dass es für die hiesige Region keine Alternative zur Gemeinschaftsschule gibt, da im nächsten Jahr in jedem Fall eine Hauptschule keine Eingangsklasse mehr bilden könnte. Bei Schließung der Hauptschule Blankenheim ginge in der Gemeinde ein wesentlicher Zweig ihres weiterführenden Schulangebotes vor Ort verloren. Die dadurch betroffenen Kinder könnten keine wohnortnahe Beschulung mehr genießen. Der Leiter der Realschule Blankenheim, Herr Mertens, hat in der ersten Elterninformation darauf hingewiesen, dass auch die Realschule in Blankenheim letztlich unter einer Schließung der Hauptschule zu leiden hätte und eine Veränderung der Schullandschaft in Blankenheim daher unumgänglich sei, auch wenn es der Realschule zur Zeit noch gut gehe.
Ein wesentlicher Vorteil der Gemeinschaftsschule wäre auch darin zu sehen, dass sog. Spätstarter nicht bereits nach der 4. Klasse einer vermeintlich unteren Schulform zugewiesen würden und dann später nur unter erschwerten Voraussetzungen einen höheren Bildungsgang beschreiten könnten, überdies verbunden mit einem einschneidenden Schulwechsel. Der längere gemeinsame Unterricht eröffnet den Schülern eine größere Entwicklungsmöglichkeit. Dem wird zusätzlich dadurch Rechnung getragen, dass auch während der Differenzierung ab der 7. Klasse die Bildungsgänge durchlässig sind, d.h. selbst wenn ein Kind nach der 6. Klasse zunächst nur den Bildungsgang mit angestrebten Hauptschulabschluss einschlägt, kann es bei entsprechender Leistung ohne aufwendigen Schulwechsel in den Bildungsgang zur Erlangung der mittleren Reife wechseln.
(s.auch die Informationen der Gemeinde Blankenheim unter www.blankenheim-ahr.de )