Vor 500 Jahren starb Leonardo da Vinci. Seine Gemälde "Mona Lisa" und "Das letzte Abendmahl" sind weltberühmt. Aber man muss im Jubiläumsjahr nicht unbedingt in die großen Museen nach Paris oder Florenz fahren, um einen Eindruck von der Schaffenskraft des großen italienischen Malers und Universalgelehrten zu bekommen. Die Freilinger Künstlerin Eva Göbel hat neben einigen van Goghs und anderen Meistern auch Werke von Leonardo da Vincis an ihren Wänden hängen. Das sind zwar leider nur Replikate, dennoch aber sehr sehenswert und darüber hinaus allesamt von ihr selbst gefertigt. Hier ein Gespräch mit der talentierten Malerin. Sehr beeindruckend!

Auf den ersten Blick wirkt Eva Göbel (57 Jahre) nicht wie eine typische Künstlerin. Die stellt man sich ja landläufig eher extravagant, überschäumend selbstbewusst und ausgesprochen redselig vor, zumindest was die eigene Kunst betrifft.

Ganz anders die zierliche Malerin aus Freilingen. Sie wirkt fast schüchtern und tritt eher zurückhaltend auf, wenn es um ihre künstlerische Begabung und Arbeit geht. Man merkt schnell, dass sie nicht gerne im Mittelpunkt steht und die Aufmerksamkeit lieber auf die Kunst lenkt als auf sich selbst. Dabei muss sie sich beim besten Willen nicht verstecken. Und erfreulicherweise wagt sie sich mit ihren Bildern dann auch hin und wieder hinaus aus den eigenen vier Wänden und hinein ins Blickfeld von Kunstinteressierten.

So zuletzt geschehen auf der Freilinger Veranstaltung Kunst im Garten, an dem sie nach einigem Zögern und gutem Zureden in diesem Jahr wieder einmal teilgenommen und im Bürgerhaus einige ihrer großartigen Werke präsentiert hat. Dabei handelte es sich um keine geringeren Replikate als solche von Gemälden des berühmten Leonardo da Vinci (Dame mit Hermelin und Salvator mundi „Erlöser der Welt“) und die Simonetta Vespucci von Sandro Botticelli.

Einige Wochen nach der für Eva aufregenden Ausstellung im Freilinger Bürgerhaus treffe ich sie zu Hause, um mich mit ihr über ihre Kunst und Leidenschaft zu unterhalten. Wir sitzen bei regnerischem Wetter in der gemütlichen Küche bei Kaffee und Gebäck, als sie mir zunächst von ihren Anfängen in Freilingen berichtet.

„Ursprünglich stamme ich aus dem Norden, aus Vechta (Niedersachsen). Ich hatte damals eine Freundin in Köln. Als ich mit ihr im Rheinland einmal eine Disco besuchte, lernte ich zufällig meinen Mann Ferdi kennen. Und so verschlug es mich dann irgendwann auch in die Eifel.

Bei meinem ersten Besuch hier in Freilingen Anfang der 80er Jahre musste ich mich erst einmal eingewöhnen, weil hier alles ganz anders aussah als oben im Norden. Aus meiner Heimat kannte ich nur große alte geklinkerte Bauernhöfe mit roten Dächern. Hier gab es viele kleine Häuser und Stallungen mit schwarzen Eternitdächern. Dazu kam, dass ich den Dialekt kaum verstanden habe, wenn ich mal mit raus feiern gegangen bin. Das hat schon seine Zeit gedauert, bis ich mich hier an alles gewöhnt habe.“

Offenbar hat sie damals schon einen Blick für das Schöne und Ästhetische gehabt. Wie sie denn ausgerechnet dazu gekommen ist, sich dann intensiv mit Kunst und Malerei zu beschäftigen, möchte ich von ihr wissen.

„Ich habe schon als Kind sehr gerne gezeichnet. Gemalt habe ich auch schon immer, aber erst 1997 habe ich mein erstes Bild auf Öl gemalt, nachdem ich das einfach mal ausprobieren wollte. Da habe ich schnell gemerkt, dass das nicht so einfach ist, Ölmalerei ist ja immerhin auch die Königsdisziplin. Schritt für Schritt habe ich mich dann vorgetastet und mir die Technik quasi selber erarbeitet.

Nach zwei Jahren hat das so gut funktioniert und mich so begeistert, dass ich nach Köln auf die freie Malakademie zu Prof. Knabe gegangen bin. Insgesamt habe ich ab 2000 dort 5 Semester belegt. Noch ein Semester mehr, dann hätte ich mein Diplom gehabt, aber mir sind dann private Dinge dazwischen gekommen. Dort habe ich jedenfalls viel gelernt. Vor allem dadurch, dass die eigenen Bilder im Kurs vorne auf die Staffelei gestellt wurden und vom Professor besprochen und Verbesserungsvorschläge gemacht wurden. Diese positive Kritik hat mir unheimlich viel gebracht.

Letztendlich muss man sich aber alles selber erarbeiten, ob man es jetzt studiert oder nicht. Und dabei half mir vor allem das Buch von Max Dörner, Malmaterial und seine Verwendung im Bilde mit alten Rezepturen für Grundierungen, Firnissen und Farben und Techniken von früher. Dann habe ich mir noch den Kunstfälscher von Eric Hebborn geholt. Dieses Buch hat mich dann inspiriert und mir gezeigt, dass früher viele alte Maler vieles einfach kopiert haben.

Eigentlich malt man ja überall alles ab, selbst wenn man einfach nach draußen in die Natur geht. Auch hier hat man ja dann ein Motiv und ohne ein solches geht es nicht. Dann habe ich mir ein ganz tolles Buch geholt von David Hockney, einem britischen Maler. Der hat in seinem Buch (Geheimes Wissen, Verlorene Techniken der Alten Meister wieder entdeckt) die camera lucida beschrieben, deren Prinzip bereits ab dem 15. Jahrhundert eingesetzt wurde. Das sind verschiedene Linsen, ein Gerät mit geschliffenen Gläser, mit denen man das Motiv auf die Zeichenunterlage reflektieren kann. Mit diesem Hilfsmittel hat man sich viel Vorzeichnerei gespart. Das kann man gut in dem Buch sehen, wie vorher ganz einfach gemalt wurde und auf einmal die Bilder präziser wurden. Gewusst wie. Aber auch wenn man sich das Vorzeichnen vereinfacht, muss man es immer noch malen. “

Mein Blick schweift durch die Küche. Ich entdecke einen „Van Gogh“ an der Wand, Vase mit drei Sonnenblumen. Eva gerät ins Schwärmen. „Ich habe immer vor den Gemälden von Van Gogh gestanden, ein ganz toller Künstler. Die Bilder, in die ich verliebt war, wollte ich dann für mich haben. Die verschiedenen Varianten der Sonnenblumen waren dann meine ersten Bilder. Die habe ich auch noch. Wenn ich heute durch das Haus gehe, wundere ich mich, dass ich sowas überhaupt gemalt habe, jetzt, wo ich hauptsächlich die Altmeister male.“

Von van Gogh, einem Begründer der modernen Malerei im 19. Jahrhundert zu den Altmeistern des 15. Jahrhunderts...ihre künstlerische Entwicklung ist ja eigentlich völlig gegensätzlich zur Entwicklung der Malerei als solcher. Ich will wissen, wie es zu dieser Stilveränderung gekommen ist.

„Schon vor längerer Zeit habe ich ein paar alte Holzbretter bekommen, die einige Jahre bei mir in der Werkstatt herumgestanden haben. Letztes Jahr habe ich auf dem Speicher zufällig ein Heft über Leonardo da Vinci in die Hände bekommen und dachte erst, dass das nicht so mein Fall sei.

Dann habe ich aber einige Zeit darin herumgeblättert und etwas intensiver gelesen. In das Bild der Cecilia habe ich mich sofort verliebt Da ich mehr über sie erfahren wollte, habe ich dann mal ausführlich im Internet recherchiert und einiges erfahren über das Leben der Künstler im Mittelalter, über  Michelangelo und Leonardo da Vinci, aber auch den Einfluss die Familie der Medici in Florenz.

Das hat mich sehr interessiert. Und so wollte ich dann auch mal versuchen, einen Leonardo zu malen. Da die meisten Maler damals auf Holz gemalt haben, habe ich mir eines der Bretter zurecht geschmirgelt und mehrmals abgespachtelt. Und dann habe ich mit der Cecilia angefangen. Mit dem Hermelin habe ich mich allerdings schwer getan, da ich vorher noch nie Fell gemalt hatte.

(das Gemälde „Die Dame mit dem Hermelin“ (rechts) ist eines der vier von Leonardo da Vinci gemalten Frauenporträts und stellt die damals 16jährige Cecilia Gallerani dar, links daneben der "Salvatore mundi")

Dann habe ich mit dem Salvatore mundi angefangen, den ich auch schon immer schön fand. Als ich mit der Vorzeichnung anfing dachte ich dann, da stimmt irgendetwas nicht. Ich hatte das Gefühl, ich male die Mona Lisa. Am Ende ist er mir dann doch ganz gut geglückt, so dass ich richtig stolz auf mich war. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, obwohl ich es gerne perfekt machen möchte, da ich es mir ja selber aufhänge."

Und dann erklärt Eva mir ausführlich, wie aufwendig diese völlig andere Maltechnik tatsächlich ist. Zuerst muss das Brett aufwendig aufgearbeitet und geschliffen werden. Dann erfolgt eine mehrmalige Grundierung mit einem Leim-Kreide-Gemisch. Erst dann kann die eigentliche Unterzeichnung erfolgen, auf die dann mehreren Schichten Lasur aufgetragen werden. Nach jeder Schicht muss man 4 bis 5 Wochen warten, bis die Schicht richtig trocken ist. Dann kommt die nächste Lasur drauf.

Bei dem „Salvator mundi“ hat Eva insgesamt 15 Schichten aufgetragen. Erst hat sie die Vorzeichnung gemacht, dann kamen die dunklen Brauntöne, die dann mehr und mehr aufgehellt wurden, nicht deckend, sondern immer ganz dünn. Für ein solches Bild braucht sie dann ca. 8 Monate. Einen van Gogh, der in einer Schicht gemalt wird, schafft sie je nach Größe dagegen in ca. 4 bis 5 Wochen.

Welche Maltechnik bzw. welcher Künstler ihr denn besser gefällt, will ich von ihr wissen.

„Die Altmeister gefallen mir sehr gut, aber sie sind auch schwer zu malen. Man muss sich intensiv mit dem Bild auseinandersetzen und sich fragen, was der Künstler sich bei dem Motiv gedacht hat. Die sakrale Kunst, bei der sehr viel mit Blattgold gearbeitet wird, gefällt mir auch sehr gut, vor allem die Buchmalerei aus den verschiedenen Bibeln.“

Blattgold, das klingt nach hohen Kosten allein für das unterschiedliche Material, das sie für ihre Kunst benötigt. Sie führt mich durch das Haus in ihre Werkstatt.

Ich komme mir fast vor, wie in einer privaten Galerie. Überall hängen Gemälde von ihr, obwohl sie schon einige Bilder verkauft hat. Leicht wird die Trennung wahrscheinlich nicht gewesen sein, da man ihr anmerkt, wie sehr sie an jedem einzelnen Werk hängt.

(hier ein Bild, das die Mutter Gottes Figur aus der Freilinger Kapelle zeigt)

„Die fertigen Bilder lasse ich in Köln von der Firma Boesner rahmen. So ein Rahmen muss ganz genau zu dem Motiv und der Art des Bildes passen und das kann dann auch schon mal 500 € kosten. In dem Laden bekomme ich auch das sonstige Material, das ich benötige.“

Und das ist offenbar einiges. Ihr kleines Atelier steht voll mit den verschiedensten Pinseln, Farbtuben und Leinwänden.

Sie zeigt mir das Blattgold, damit ich einen Eindruck von dem empfindlichen Material bekomme.

Hauchdünn sind die einzelnen Blätter, die in einer ganz besonderen Pinseltechnik mit einem Spezialpinsel aufgetragen werden. Dabei trägt sie dann einen Mundschutz und spezielle Handschuhe. Schon ein leichter Windzug, der durch den Raum geht, lässt das sensible Material kräuseln. Nichts für Grobmotoriker wie mich, denke ich, als ich den Preis sehe: 25 Blatt kosten 55 €. Da kommt bei einem größeren Blattgoldauftrag schon eine schöne Summe zustande.

„Auch für mein neueste Arbeit werde ich Blattgold verwenden“, erklärt Eva und zeigt mir das Bild, das auf ihrer Staffelei steht und offensichtlich noch in der Phase der Vorzeichnung steckt und den Schöpfungsteppich aus der Kathedrale Santa Maria in Girona zeigt. Wieder eine echte Herausforderung für die talentierte Künstlerin. Aber man merkt ihr die Vorfreude auf die Arbeit regelrecht an.

Und die Begeisterung für die Kunst, für ihre Kunst will sie an andere weitergeben. „Ich möchte, dass die Menschen sich an den Bildern erfreuen.“ Daher ist sie auch glückglich, wenn ihre Werke hin und wieder im Rahmen von verschiedenen Ausstellungen, wie bei Kunst im Garten oder auch im Kreishaus einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden und tatsächlich jemandem gefallen.

Ich bin froh, dass sie sich bei aller Bescheidenheit bereit erklärt hat, mir einen Einblick in ihre Künstlerwelt zu gewähren. Als ich mich verabschiede, bedankt sie sich bei mir für das Gespräch und mein Interesse an ihrer Arbeit. Dabei lächelt sie zurückhaltend, ähnlich wie die Mona Lisa.

Und wer weiß, vielleicht malt Eva ja einmal dieses wohl berühmteste Bild von Leonardo da Vini nach. Die Maltechnik hat sie ja jetzt schon mehrfach angewandt, fehlen nur noch die passenden alten Bretter...

In jedem Fall eine tolle Künstlerin!

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  • Sa 14.12.: Adventszauber, Bürgerhaus, ab 15.00 Uhr 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

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