Ralf Kramp beim Nachholtermin in bester Vorleselaune
"Die Schande von Freilingen" - so heißt nicht das neueste Werk vom bekannten Eifelkrimiautor Ralf Kramp, nein so wird in der Krampchen Familie die verpatzte, nein besser....verpasste erste Freilinger Krimilesung Mitte Mai dieses Jahres betitelt, was laut der Ausführungen des Autors wie ein schwarzer Schatten auf ihm laste.
Quasi als Wiedergutmachung für sein Nichterscheinen bei dem Pfingstsamstag auf dem Marienplatz vor der Bücherbude angesetzten erstmaligen Vorlese-Event hatte er sich ohne Zögern bereit erklärt, auf einem Nachholtermin, und zwar am Sonntag, 24. November aus seinen Werken vorzutragen. Da aber Ende November selbst in Freilingen keine wohligen Außentemperaturen für eine Outdoor-Veranstaltung mehr vorzufinden sind, wurde die Lesung kurzer Hand vom Bücherbudenvorplatz in das gut temperierte Bürgerhaus verlegt.
Hier zeigte sich wieder einmal mehr, dass die überschaubaren, unterschiedlich beleuchtbaren Räumlichkeiten sich für Veranstaltungen der verschiedensten Natur anbieten und sogar die für eine Lesung vorteilhafte gemütliche Wohnzimmeratmosphäre bieten kann. Und so hatten sich denn an diesem eher trüben Nachmittag über 50 Krimifans im Bürgerhaus einen gemütlichen Sitzplatz gesichert, um den einnehmenden Ausführungen des Krimispezialisten und seiner beiden "Kooperationspartnerinnen" zu lauschen, die im Frühjahr für ihn spontan eingesprungen waren (s. Bericht) und aufgrund des damals erhaltenen großen Zuspruchs wieder mit von der Partie waren.
Die im Vorfeld von einigen Krimifans immer wieder süffisant aufgeworfene Frage: " Kommt er oder kommt er nicht?", konnte dabei direkt zu Beginn der Veranstaltung mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden.
Und was der "Meister" dann in der anschließenden Lesung bot, ließ den vermeintlich anhaftenden Makel der Unzuverlässigkeit ganz rasch vergessen. Gut aufgelegt sorgte er für ausgesprochen witzige Unterhaltung, bei der sogar Leichen und Mordgelüste in heiter verpackte Worte die trübe Novemberstimmung aufhellen konnten.
Gemütlich in einem karierten Ohrensessel sitzend, ausgeleuchtet von einer Stehlampe und einem fünfarmigen Kerzenleuchter erzählte er fast wie in der heimischen Stube sitzend u.a. eine Geschichte, an der er gearbeitet habe, als er auf dem Weg zur ersten Krimilesung war und die vor der Freilinger Haustür, genauer gesagt am Starenkasten an der L 115 spiele.
Insofern, so führte der Autor aus, habe sein Nichterscheinen, dessen mysteriöse Hintergründe auch an diesem Abend nicht aufzuklären waren, den Vorteil, dass er nun die fertige Geschichte präsentieren könne. Sie handelte von Fränz, der verzweifelt versucht, seinen um die Ecke gebrachten und auf dem Beifahrersitz seines Auto sitzenden Ex-Kumpel Wampe unauffällig loszuwerden. Auf der Entsorgungstour tappt er an der Kreuzung der L 115 mit der K 41 in die Radarfalle und wird offenbar samt regungslosem Kollegen abgelichtet. Das führt dann aufgrund der unterschiedlichsten Gestalten, die dem verzweifelt am Straßenrand stehenden und nach Lösungsmöglichkeiten für seine nun zweifachen Vernichtungsprobleme ( Wampe und Beweisfoto) suchenden Fränz zu Hilfe kommen wollen, zu den verschiedensten erheiternden Wendungen und Entwicklungen.
In einer weiteren Erzählung stelle er dann die eigentliche, weithin bekannte Rotkäppchenerzählung humoristisch auf den Kopf, in der der hinterhältige, verfressene Wolf zum vegangen, empfindsamen Feingeist mit schüchterner Stimme mutiert, der vom skrupellosen, mordlüsternen Rotkäppchen durch subtile Drohungen für seine blutrünstigen Pläne hinsichtlich der Großmutter missbraucht wird. In panischer Angst lässt er sich von der anmutig erscheinenden jungen Dame als Werkzeug für deren ausgeklügelte Vernichtungsstrategie bezüglich der unliebsamen Verwandtschaft einspannen und verschafft sich und der Geschichte das bekannte Ende und dem Rotkäppchen ein Stelldichein mit dem heraneilenden Jäger. Sehr unterhaltsam!
Mindestens genauso erheiternd war dann die verbale Präsentation des "Ripper double blade maximum sharp"-Messer, 42 cm lang, antibakteriell, Cromargan rostfrei 18/10", das auf einem der bekannten Verkaufskanäle im Fernsehen von Horst und Walter (die von Ralf Kramp ebenso wie die freundliche Damenstimme im Hintergrund teils dialektsprechend im flotten Wechsel gesprochen wurden) für unschlagbare 69,99 € im Supersonderangebot angepriesen wird. Die „Argumentationshilfe im Ehegattenstreit" wird in der Geschichte sogleich am Kameramann der Werbeveranstaltung ausprobiert, um die Schneidfähigkeit an Nase, Ohren, Bauch und den Gliedmaßen zu demonstrieren. „Das Messer schneidet durch Finger wie durch butterzarte Möhrchen." Das überzeugt so manch geplagte Ehefrau, die Messer „gehen weg wie warme Semmeln". Und damit der Gatte auch gleich sauber entsorgt werden kann, gibt es ein Paket mit 100 Portionsgefrierbeuteln zur übersichtlichen Langzeitlagerung im Gefrierschrank und einen „Huschiwuschi Wisch und Weg"-Aufnehmer zur Beseitigung der unansehnlichen Blutflecken auf dem Küchenboden gratis dazu, ebenso wie die Flasche Klosterfrau Melissengeist zur anschließenden Steigerung des geistigen Wohlbefindens nach solch anstrengender Hausarbeit. Ein rundherum überzeugendes Angebot, das manch anwesenden weiblichen Zuhörer auf die ein oder andere Geschenkidee für Weihnachten bringen konnte.
Um jede Menge Mord und Totschlag ging es dann auch in der Lektüre, die sich Renate Elsen und Ute Reitmeyer für ihren Vortrag ausgesucht hatten. In passender bayrischer Kulisse mit Edelweißdecke und Plüschhirschkopf trugen sie abwechselnd Passagen aus Rita Falk Provinzkrimibestseller "Winterkartoffelknödel" vor.
Hierin geht es um den Polizisten Franz, der seinen Dienst bei der Münchner Polizei quittieren musste und in sein niederbayerisches Heimatdorf Niederkaltenkirchen strafversetzt wurde, wo er eigentlich eine ruhige Kugel schiebt. Seine Streifegänge führen ihn immer zum Wolfi auf ein Bier oder an den Küchentisch seiner stocktauben Großmutter, mit der er ständig diverse Einkaufsfahrten antreten muss. Aber manchmal muss der Eberhofer Franz auch in ziemlich grausigen Todesfällen ermitteln. So wie bei seinem ersten Fall: Da ist diese Geschichte mit den Neuhofers, die an den komischsten Dingen sterben. Mutter Neuhofer: erhängt im Wald. Vater Neuhofer (Elektromeister): Stromschlag...
Die beiden Damen genossen es bei ihrem Vortrag dabei offensichtlich, dass sie in den bayrischen Dialekt abschweifen konnten und sorgten nach einer kurzen Kaffee- und Kuchenpause für ebenso witzige Unterhaltung des gebannt lauschenden Publikums wie zuvor der Krimiautor.
Insgesamt wurde über zwei Stunden Krimilesung vom Feinsten geboten, so dass man letztlich froh sein konnte, dass die Veranstaltung im Frühjahr nicht ganz reibungslos verlaufen war. Nach entsprechendem Applaus und Dank an die Akteure konnte man sich dann noch an einem eigens aufgebauten Büchertisch im Hinblick auf das nahende Weihnachstfest mit entsprechender Literatur eindecken.
In jedem Fall waren sich Publikum wie Veranstalter einig, dass Freilingen unbedingt noch einmal zum "Tatort" für eine solche Veranstaltung werden sollte. Und wer weiß, vielleicht hat ja jemand bis dahin eine Kriminalgeschichte verfasst, die nicht nur am Rande unseres Ortes, sondern in Freilingen selbst spielt. Leichen in irgendwelchen Kellern gibt es dazu sicherlich genug. Nur nicht gerade im Bürgerhaus...das hat nämlich gar keinen Keller.
An dieser Stelle sei auch nochmal ein besonderer Dank an die zahlreichen Kuchenbäckerinnen ausgesprochen, die dazu beigetragen haben, dass man sich in der Pause hinreichend körperlich stärken konnte.