Hoher Andrang...herrschte am Donnerstag, 15.09.2022 bei der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates in der Aula der Gesamtschule Eifel auf den Besucherplätzen, da unter den knapp 30 Tagesordnungspunkten auch die Entwicklung des Ferienhausgebietes am Freilinger See anstand. Rund 50, zum großen Teil Freilinger Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, nachdem ihnen auf der einer vorangegangenen Versammlung in Freilingen von der Bürgermeisterin Jennifer Meuren eine Sitzungsunterbrechung mit Frage- und Rederecht hinsichtlich des umstrittenen Vorhabens eingeräumt worden war. Am Ende der einstündigen kontroversen Diskussionsrunde entschied der Rat dennoch, das Vorhaben der Fa. Neugrad Immobilien zu begrüßen und die notwendigen Flächen zur Verfügung zu stellen.
Trotz vielfältiger Einwände gegen die geplanten Tiny-Häuser im Freilinger Wald gab es in der Ratssitzung am 15. September am Ende grünes Licht für das geplante Projekt der Fa. Neugrad oberhalb des Freilinger Sees.
Zunächst hatte Bürgermeisterin Jennifer Meuren kurz in das Thema und die Ausgangssituation für die mögliche touristische Bebauung am Freilinger eingeführt.
Sie ging dabei auch auf die Versammlung am vorangegangenen Montag in Freilingen ein (s. Bericht), in der zahlreiche Einwände gegen das Projekt aus verschiedenen Gründen wie Naturschutzaspekten oder Verkehrsüberlastung der Ortsdurchfahrt und eine Ablehnung des Vorhabens vorgetragen worden waren.
Zumindest für den unabhängig von der geplanten Bebauung bestehende Problem des hohen Anreiseverkehrs zum See in den Sommermonaten versprach sie, einen runden Tisch zu initiieren, an dem mit verschiedenen zuständigen Behörden und Stellen eine verkehrstechnische Lösung bzw. Verbesserung gefunden werden soll, z.B. durch die Einrichtung einer Tempo 30 Zone, einer Beschilderung an den Straßenverengungen, frühzeitige Verkehrslenkung ab der Autobahnabfahrt und Verkehrsmessstationen.
"Wie viele Besucher zum Freilinger See kommen, kann nicht genau gesagt werden, da dies nicht erfasst werden. Allerdings kann man über die Einnahmen an den Parkscheinautomaten schon eine deutlich steigende Entwicklung beobachten", führte die Verwaltungschefin aus.
So seien die Einnahmen von 2017 von rund 20.000 € auf 76.000 € in 2022 gestiegen, wobei allerdings nicht nur das langanhaltende sommerliche Wetter, sondern auch die entfallenen Bademöglichkeiten am Kronenburger See und an der Steinbachtalsperre zu berücksichtigen seien.
Anschließend gingen Frederik Eichen und Frank Zweigner, die beiden Geschäftsführer des Unternehmens, konkret auf die ihnen zugetragenen Bedenken gegen ihr Vorhaben ein.
Seit der Aufnahme der Gespräche mit der Gemeinde Blankenheim Anfang dieses Jahres hätten sie der Politik bereits in zahlreichen Sitzungen und Vorstellungsrunden ihr modernes, zeitgemäßes Konzept vorgestellt, so dass man sich auf die Einwände beschränken wolle, die in der Bevölkerung aufgekommen wären.
So sei keineswegs wie offenbar befüchtet ein größere Eingriff in den Wald geplant, der nach dem bestehenden Bebauungsplan ohne weiteres möglich sei.
Vielmehr würden für das Vorhaben nur rund 20 Festmeter Holz gefällt, ein geringer Bruchteil dessen, was die Gemeinde aufgrund des forstwirtschaftlichen Betriebs im Wald ohnehin jährlich "ernten" würde.
Zum anderen würden nur jüngere Bäume in dem Rund 30 Jahre alten Baumbestand gefällt, da die Vorgaben aus dem Bebauungsplan es ohnehin untersagen würden, Bäume mit einem Stammumfang von mehr als 50 cm zu entfernen.
"85 % des Waldes bleiben erhalten, da wir schon aus konzeptionellen Gründen so weinig Eingriffe in die Natur wie möglich machen möchten ", bekräftigten die Planer, die nach eigenen Angaben das Konzept in enger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde planen und umsetzen.
So sollen die Holzhäuser auf 6 Schraubfundamenten aufgeständert werden, so dass die Geländeoberfläche komplett frei erhalten bliebe und es zu keiner Flächenversiegelung käme. Sämtliche Niederschläge könnten laut eines hydrologischen Gutachtens von den Holzhausdächern direkt auf den Waldboden abgeleitet werden und könnten dort vor Ort versickern.
Die entstehenden Abwässer sollen in Abstimmung mit der unteren Wasserbehörde über eine Biokleinkläranlage entsorgt werden, die in der Nähe der Zufahrtsstraße zum Feriendorf gebaut werden soll, um ein jährliches Abpumpen zu erleichtern. Für diese Anlage würde eine Grundstücksfläche von ca. 50 m2 benötigt. Ein Beispiel für eine solche Biokleinkläranlage wurde im Vortrag dann auch präsentiert, die in manchen Regionen, in denen ein Anschluss an das öffentliche Kanalnetz nicht möglich sei, in den Garten gesetzt würde. Emissionen würden dabei keine entstehen.
Der geplante erste Bauabschnitt umfasse rund 15.000 m2 (von einer geplanten Gesamtfläche von rund 66.000 m2, s. Ratsvorlage).
Die Erschließung der Ferienhausanlage würde auf den bereits vorhanden forstwirtschaftlichen, 4 Meter breiten Rückegasse erfolgen, so dass keine größeren neue Schneisen entstünden. Die Rückegassen würden miteinander verbunden, damit die Feuerwehr die Möglichkeit hätte, das Gelände zu befahren. Die Häuser entstünden rechts und links dieser Rückegassen und würden durch kleine Fußwege angeschlossen.
"Bis auf die Lichtung und den Parkplatz werden keine Flächen gerodet. Vielmehr ist der Wald ja gerade Teil des Konzeptes, da es wesentlicher Aspekt der besonderen Atmosphäre der Anlage ist, dass sich die Tiny-Häuser im Wald befinden", führten die Projektierer aus.
Letztlich würde ihr Bauvorhaben nur 17 % der zulässigen Bebauung darstellen, weshalb ihr Vorhaben weit unter den Möglichkeiten des Bebauungsplanes bliebe. Diese Beschränkung würde auch vertraglich mit der Gemeinde fixiert.
Gerade dieser Bebauungsplan war es dann aber auch, der in der anschließenden Sitzungsunterbrechung in der Fragerunde auch im Fokus der Kritik der anwesenden Bürger stand. Dieser würde in der heutigen Zeit sicherlich so nicht mehr genehmigt werden und müsse daher aufgehoben werden.
Aufgrund des Feriendorfes und der immensen Ausbaumaßnahmen auf dem Eifel-Camp (bisher schon 30.000 bis 40.000 Übernachtungen pro Jahr) sei zudem die Kapazitätsgrenze der touristischen Nutzung des Freilinger Sees erreicht worden, so dass auch die Infrastruktur kein weiters Ferienhausgebiet mehr verkraften würde.
Auch sei die Verkehrsbelastung im Ort unzumutbar geworden. Der Tourismus, der Lärm und der Stress aufgrund des Verkehrs brächte Freilingen an seine Grenzen.
Maria Sigel-Wings, Fraktionsvorsitzende der Bündnis90/Die Grünen wies darauf hin, dass man die Möglichkeiten des rechtmäßigen Bebauungsplans ja gerade nicht ausschöpfen wolle und werde und sehr bedacht mit der Bebauung am See umginge. "Wir schauen im Rat sehr sensibel darauf, was der See verträgt und im Einklang mit der Natur steht", führte sie aus.
Das Projekt der Fa. Neugrad sei ihrer Meinung nach nicht der Grund, sondern nur der Anlass für das Vortragen der Einwände, da das Verkehrsproblem in Freilingen die eigentliche Ursache des Unmutes sei. Dies müsse aber von dem Projekt getrennt werden.
"Wir sind nicht bereit zu sagen, hier darf nichts mehr passieren. Der Tourismus ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der Gemeinde. Das Potential am Freilinger See muss sinnvoll genutzt werden, natur- umwelt- und menschenverträglich", gab die Grünenchefin der Forderung einer Änderung des Bebauungsplans eine Absage.
Ob der Rat sich nicht vorstellen könne, den Wald an die Bürger zu verkaufen, wurde ebenfalls aus den Zuschauerreihen gefragt.
Herbert Daniels, Fraktionsvorsitzender der CDU verwies darauf, dass man darüber bisher nicht gesprochen habe. Dies sei eine neue Vorstellung, die nicht in der Vorlage stünde und deshalb nicht darüber zu entscheiden sei, sondern nur über das Vorhaben der Fa. Neugrad beschlossen werden müsse.
"Ihr seht mehr Probleme als wir", führte Mathias Schoenen, Fraktionsvorsitzender der FDP noch aus. Auch Annegret Dreimüller, Fraktionsvorsitzende der UWV, sprach sich für das Projekt aus, das sich sehr wohl positiv auf die Gemeinde auswirken würde.
Den Einwand aus dem Publikum, dass man kein Vertrauen habe, dass es bei der beschriebenen Höchstzahl der geplanten Häuser bliebe und am Ende dann doch 100 Häuser gebaut würden, versuchte die Bürgermeisterin dadurch zu entkräften, dass sie darauf verwies, dass eine Maximalbebauung von 50 Häusern im Kaufvertrag festgeschrieben würde.
Die Sitzung wurde mit Blick auf die Uhr und die noch anstehenden Tagesordnungspunkte nach ca. einer Stunde fortgesetzt. Ohne weitere Wortmeldungen der Ratsmitglieder ging es in die Beschlussfassung. Dabei wurde einstimmig bei einer Enthaltung beschlossen, das Vorhaben der Fa. Neugrad Immobilien zu begrüßen und die notwendigen Flächen zur Verfügung zu stellen.
Zumeist kopfschüttelnd und enttäuscht verließen die Zuschauer den Sitzungssaal.
Vor den Türen der Gesamtschule wurde dann noch lange über die aus ihrer Sicht unverständliche Entscheidung diskutiert.
Alle Informationen zum Projekt der Fa. Neugrad auch unter folgendem Link: Präsentation Neugrad