"Hast du einen Garten, dann hast du alles, was du brauchst" - im "Bleib zu Hause"- Jahr 2020 kommt diesem Spruch noch einmal eine ganz besondere Bedeutung zu, weil fast alle ihren diesjährigen Urlaub im heimischen Grün verbringen werden. Aber wie genau sehen die Erholungsorte hinter den Hausfassaden aus? Das möchten wir in unserer kleinen Gartenserie erkunden, mit der wir einige Privatgärten in Freilingen vorstellen, die zum Teil "im Verborgenen" liegen, es aber in jedem Fall wert sind, einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. Dabei sind wir auf allerlei Überraschendes und Verblüffendes gestoßen, so auch im Garten der Familie Lange, in den wir im 3. Teil einen Blick werfen durften. Sehr inspirierend und interessant, nicht nur für Gartenfreunde!
Claude Monet, der u.a. für seine wundervollen Seerosenbilder weltberühmte französischer Maler (1840-1926), beschäftigte sich in seinen letzten dreißig Lebens- und Schaffensjahren hauptsächlich mit der Gestaltung seines Gartens in Giverny (Normandie). Die große Anlage, die ihm auch immer wieder als Motiv für seine Gemälde diente, kann noch heute besichtigt werden und zieht Tausende von Besucher in ihren Bann. Von Monet stammt das Zitat: "Mein Garten ist ein Werk, das langsam und mit nie nachlassender Liebe geschaffen wurde".
Aber man muss nicht bis nach Frankreich reisen, um einen Eindruck von der gärtnerischen Schaffenskraft und Liebe eines Künstlers zu seinem grünen Atelier zu bekommen. Auch in Freilingen gibt es einen Garten, der in allen Ecken und Winkeln Ausdruck künstlerischer Kreativität in Verbindung mit Liebe zu Blumen und Pflanzen ist: der Garten der Familie Lange - im wahrsten Sinne ein "Kunst-Garten".
3. "Die Garten-Galerie" - der grüne Ausstellungsraum von Claudia und Jörg Lange
Meine Erkundungsreise durch Freilinger Gärten führt mich im dritten Teil in den Garten der Familie Lange, besser gesagt in die "Gartengalerie" der beiden Freilinger Hobbykünstler, die auch regelmäßige Teilnehmer bei der Veranstaltung "Kunst im Garten" auf dem Dorfplatz in Freilingen sind. Insofern hat man den Eindruck, die beiden haben sich hinter ihrem Haus eine "Dauerausstellung unter freiem Himmel" geschaffen. Und entsprechend muss man sich Zeit lassen, wenn man diesen Garten betritt. Denn in jedem Winkel und jeder Ecke wird etwas präsentiert, überall gibt er etwas zu entdecken.
Bereits am Eingang wird man von einem eisernen "Nesthüter" begrüßt,
dem ein behelmter, hölzerner Gartenbewohner folgt.
Ich bleibe einen Moment stehen, um genauer zu betrachten, aus welchen Einzelteilen dieser freundliche Geselle zusammengesetzt ist und muss bei einem flüchtigen Seitenblick feststellen, dass man hier ganz offensichtlich an jeder Stelle länger verweilen muss, um ja nichts an Einzelheiten in dieser Gartenwelt zu verpassen.
Die Detailfreudigkeit und Verspieltheit dieser Anlage ist wirklich nicht zu übersehen. Auch die Gastfreundlichkeit der Gartenbesitzer kommt überall zum Ausdruck, auch wenn der gedeckte Tisch im Eingangsbereich nur harten (Beton)Kuchen und leere (Holz)Flaschen zu bieten hat.
Der Weg führt weiter vorbei an einem Gartenmännchen aus Stein und Stahl, das gemütlich und beoabachtet von einem hölzernen Schwein auf einer Bank in mitten von Funkien sitzt und liest.
Der kleine Kerl ist hier im Garten in guter Gesellschaft, da überall auf dem Gelände seine Verwandtschaft verteilt ist und den unterschiedlichsten Beschäftigungen nachgeht, von Holzsägen über Umgraben bis hin zum Radfahren und Bäumeklettern.
Da stellt sich direkt die Frage nach dem "Schöpfer" dieser lustigen Bande. "Die entstehen in Teamarbeit" erklärt mir Claudia lächelnd, so wie auch die vielen anderen kleinen Kunstwerke aus Eisen und vermeintlichem Schrott, die überall in Szene gesetzt und quasi als Kunst "wiedergeboren" sind.
Sie erzählt, dass man in der Regel gemeinsam überlege, was man aus den verschiedenen zusammengetragenen Steinen und Teilen aus Eisen, Holz, Glas oder sonstigem Material gestalten könne. Sogar ein Wärmetauscher aus einer alten Heizungsanlage vom Nachbarn auf der anderen Straßenseite und ein altes Zahnrad aus der Druckindustrie haben ihre Plätze und eine neue Aufgabe in ihrem Garten gefunden. Sehr nachhaltig, denke ich.
"Uns fällt auch tatsächlich meistens etwas ein, was wir gemeinsam umsetzen". Dies bestätigen die unzähligen Tiere und Blumen aus einem Materialmix, die man überall im Garten findet. Der Kopf einer riesigen Pusteblume fällt besonders ins Auge. "Die wartet noch auf ihre Fertigstellung mit Stengel und Blättern. Sie ist uns passend zu unserem Hausnamen (Löwenzahn) eingefallen", erklären mir die kreativen Gartenbesitzer.
Inzwischen sind die zwei schon so für ihre Kreativität bekannt, dass nicht nur die Kinder regelmäßig etwas vom Flohmarkt mitbringen und meinen, dass die beiden das garantiert verwerten könnten. Auch die Nachbarn werfen inzwischen nichts mehr weg, bevor sie es nicht Claudia und Jörg gezeigt haben.
"Ein Nachbar bringt uns alles mögliche vorbei und sagt dann immer, dass wir doch alles gebrauchen könnten, da uns ja offenbar zu allem etwas einfiele", bemerkt Jörg schmunzelnd und ich zweifle keine Sekunde daran, dass der Nachbar völlig Recht hat.
Wir gehen weiter durch den ca. 1000 m² großen, nach Osten liegenden Garten und ich habe das Gefühl, dass man viele Jahre braucht, um die zahlreichen Teile, die hier ausgestellt sind, zusammen zu tragen, in Kunst zu verwandeln und in einer wohl abgestimmten Umgebung zu arrangieren.
Doch ich erfahre, dass die Anlage vor wenigen Tagen einen runden Geburtstag gefeiert hat und tatsächlich erst 10 Jahre alt ist. Das ist wirklich noch kein Alter für einen Garten.
Kaum zu glauben, dass bis vor 10 Jahren an dieser Stelle nur eine Wiese, ein Futterschuppen und ein Pflaumenbaum zu finden waren.
Die Vorbesitzer hatten für Anpflanzungen und gestaltete Gartenecken keinen Platz und keinen Sinn, da sie mehrere Lamas hatten und der Garten als reine Weidefläche diente. Selbst der schon recht stattliche junge Kastanienbaum ist neu gepflanzt worden, eine Züchtung ihres Sohnes aus Kindergartentagen, der vorher in einem Kübel in ihrem alten Garten stand.
"Eigentlich sind wir vor 10 Jahren zuerst in den Garten gezogen und erst dann in das Haus", berichtet Claudia weiter. "Wir mussten damals kurzfristig unseren alten "Garten", auflösen, die Begrünung auf einer 70 m² großen Dachterrasse. Dankenswerter Weise durften wir die Pflanzen schon vor dem offiziellen Einzug im Garten einpflanzen und hier unsere alten Hochbeete und Dekoelemente aufstellen. Ich erinnere mich gut an die Aktion. Als wir mit 7, 8 Mann die Pflanzen auf dem Gelände verteilt haben, stand der Nachbar mit seinem Sohn in der Nähe und beobachtete das seltsame Treiben", erzählt sie und lacht.
"Der hat damals bestimmt gedacht: Was zieht denn da für eine Horde ein", merkt sie fröhlich an. Heute versteht sich die umliegende Nachbarschaft sogar so gut, dass man die an den Garten grenzende riesige Streuobstwiese, die zwischen den Baugrundstücken liegt und wie eine kleines Naturreservat wirkt, quasi gemeinschaftlich nutzt.
Claudia hat dort neben einer kleinen Reihe mit Tannen einen Wildblumenstreifen angelegt. An einem Ende stehen Spielgeräte für Kinder, die alle zusammen nutzen können (die Zuwegung erfolgt zum Teil mit einer Leiter über den Gartenzaun). Und vor einigen Jahren hat Jörg zusammen mit einem Nachbarn in einer Art Kooperationsprojekt auf der Wiese einen alten Backofen aufgebaut, in dem zu verschiedenen Gelegenheiten gemeinsam Pizza gebacken wird.
Das nenn ich mal gelebte Nachbarschaft und muss feststellen, dass ich diesen breiten Grünstreifen mitten in Freilingen noch nie aus der Nähe so wahrgenommen oder gar betreten habe.
Wir wenden uns dem Nutzgartenbereich zu und die Gartenbesitzerin erklärt mir, dass hier überwiegend Blumen angepflanzt werden.
"Die Kartoffeln bekommen wir ja vom Nachbarn, da brauch ich die nicht im Garten zu setzen", schmunzelt sie und schwärmt von den vielen stattdessen gesäten Blumen und gepflanzten Dahlien, die gerade ihre grünen Köpfe aus dem Boden strecken. Doch auch die werden nicht nur zur eigenen Freude kultiviert, sondern dienen auch dem Blumenschmuck für die Kirche, für den sich Claudia ehrenamtlich als Pfarreiratsmitglied verantwortlich zeigt. Als Floristin ist sie für eine solche Aufgabe natürlich auch prädestiniert.
"Vom Frühjahr bis zum Herbst habe ich hier genug Auswahl für die Sträuße und Arrangements in der Kapelle". Wie praktisch, für beide Seiten und ich muss einmal mehr feststellen, wie wichtig das Ehrenamt für unsere Gemeinschaft ist.
Wir spazieren weiter durch die verschiedenen Gartenbereiche, die wie aufeinder abgestimmt wirken und ein harmonisches Gesamtbild ergeben, so wie alles hier im Garten harmonisch und gut gelaunt wirkt. Mich interessiert, ob die zwei von Anfang an einen wohl durchdachten Plan für die Aufteilung der Anlage und die Gestaltung der einzelnen Bereiche erstellt hatten.
"Einen fertigen Plan hatten wir eigentlich nicht", erfahre ich von den beiden. Man habe nur die Kastanie bewusst in eine bestimmte Ecke gepflanzt. Und Claudia erklärt, dass es wichtig sei, sich in einen Garten "reinzuleben".
"Wir sind vom Niederrhein hier in die Eifel gezogen. Da mussten wir erst einmal im Jahresverlauf beobachten, welche klimatischen Verhältnisse hier herrschen, wie der Bodden beschaffen ist, wie der Lichteinfall ist. Das alles muss erst eine gewisse Zeit lang genau betrachtet werden, bevor man eine Bepflanzung vornimmt, da jeder Blume, jeder Strauch unterschiedliche Bedürfnisse hat. Auch müssen Fluchten und Sichtachsen berücksichtigt werden, damit am Ende alles harmonisch wirkt", ergänzt Claudia.
Ja, Harmonie und Ausgeglichenheit erspürt man hier im Garten wirklich allerorts, vor allen bei den verschiedenen Balancekünstlern, die auf aufgestellten Holzpfählen ihr Gleichgewicht suchen.
"Zu diesem rechteckigen Beet mitten im Rasen haben wir uns auf einer Landesgartenschau inspirieren lassen. Es hat den Vorteil, dass man von allen Seiten drankommt", bekomme ich erklärt.
Denn auch die Pflege des Gartens ist den beiden sehr wichtig, wobei hier eine klare Arbeitsaufteilung besteht. "Ich bin der Mann für das Grobe, Rasenmähen und Schnittarbeiten, Claudia ist für das Pflanzen und die "Betreuung" der Blumen zuständig", führt Jörg an und man merkt, dass sich beide gleichermaßen für ihren Garten und ihr gemeinsames Hobby begeistern können.
Auch ich kann mich für diesen Garten begeistern, weil er einerseits so viele Anregungen und Inspiration bietet, andererseits aber auch zum Hinsetzen, Genießen und Entspannen einlädt, wenn auch nicht alle Stühle unbedingt einen bequemen Sitz bieten.
Bequem machen es sich die beiden in jedem Fall gerne auf der kleinen "Bühne" vor der Terrasse. "Ja, die ist auch direkt zu Beginn errichtet worden und hat schon als "Musik-Bühne" für Gartenauftritte der Jugend gedient", lacht Claudia.
Aber eigentlich wäre der Garten die große Bühne, die man genau von hier aus am besten betrachten und genießen könne, weil man auf dem Holzdeck den umfassendsten Blick in die Anlage habe. Kaum vorstellbar, wie es hier tatsächlich noch vor 10 Jahren ausgesehen haben soll. Jörg zeigt mir alte Fotos des Gartens. Erstaunlich, was sich in wenigen Jahren verändern kann.
Ich hätte noch stundenlang meine Entdeckungsreise in diesem Garten fortsetzen können, da ich auch am Ende des Rundgangs den Eindruck nicht loswerde, dass ich immer noch nicht jedes liebevoll arrangierte Detail und alle Kunststücke gesichtet habe.
Abschließend stelle ich die obligatorische Frage nach der Lieblingspflanze.
Claudia lacht. "So eine Frage darfst Du einer Floristin nicht stellen, da ich einfach alle Blumen liebe und keine direkte Lieblingspflanze benennen kann. Ich freue mich je nach Jahreszeit auf die Blütenpracht, die sich im Garten zeigt. Nach kargen Winterwochen warte ich mit Sehnsucht auf Schneeglöckchen, Christrosen und Tulpen. Auch wenn Akelei und wie jetzt die Pfingstrosen blühen, entzückt mich der Anblick immer wieder. Ganz besonders schlägt mein Herz aber tatsächlich für Dahlien.
Das ist aber auch berufsbedingt, da ich immer eine Blumenkomposition für ein Arrangement aus verschiedenen Blüten, Beiwerken und Farben im Kopf habe und die Dahlie sich besonders gut einbinden lässt. Aber lieben tue ich sie alle gleich", betont sie ganz schnell, als wenn sie keine Blume zurücksetzen oder gar verärgern wollte.
"Wenn mir einer sagt, ich mag keine Nelken, dann antworte ich immer: ich weiß, was man daraus machen kann und dann gefallen Dir auch Nelken!".
Diese Einstellung gilt wohl für vieles in diesem Garten, vor allem auch in Bezug auf den vielen verarbeiteten vermeintlichen "Schrott".
Man muss eben nur wissen, was man aus den Dingen machen kann, dann kann aus fast allem etwas Schönes entstehen", betont sie, obwohl es auch Menschen gäbe, die mit so viel Rost nichts anfangen könnten.
"Einmal haben wir sogar Rostschutzfarbe angeboten bekommen", führt dann Jörg schmunzelnd an. Da hatte dann ganz offensichtlich wohl jemand ein anderes Verständnis von Schönheit. Aber die liegt ja bekanntlich immer im Auge des Betrachters.
Bei meinem letzten Blick ist mir jedenfalls eines klar: Hier ist offensichtlich eine nie nachlassende Liebe am Werk...Claude Monet hätte bestimmt seine helle Freude mit dieser Hingabe und der Liebe für den eigenen Garten gehabt.
Ich hatte auf jeden Fall viel Spaß in diesem "Kunst-Garten" bzw. mit der Kunst im Garten, nicht zuletzt dank der freundlichen und herzlichen Gesellschaft!
Sehr wohltuend, so ein Garten...