Ein besonderes Ereignis in Freilingen... - In der Geschichte von Freilingen gibt es viele Tage und Ereignisse, die für den Ort oder die Menschen von besonderer Bedeutung sind und daher in irgendeiner Form, entweder in einer Chronik oder der Lokalpresse Erwähnung gefunden haben. Vielleicht können sich sogar einige wenige unter uns noch daran erinnern. In jedem Fall sind diese Momente es wert, dass man ab und an auf sie zurückblickt, damit bestimmte Leistungen, Ereignisse und Personen, die Freilingen geprägt haben und daher für die Geschichte Freilingens bedeutsam sind, nicht vergessen werden und in unserem "Online-Archiv" erhalten bleiben. Den Anfang macht am 4. Dezember 2020 passenderweise der 4. Dezember 1954...

 Der 4. Dezember 1954 war in und für Freilingen ein ganz besonderer Tag: der Anbau an der "Alten Schule" wurde offiziell mit einem großen Fest eingeweiht. 

Dabei war ursprünglich die Alte Schule eigentlich die Neue Schule. Denn das zweigeschossige, stattliche Gebäude an der Hauptdurchgangsstraße durch Freilingen im Schatten hoher Bäume war eigentlich als "neue" Schule und Ergänzungsbau zum alten Schulhaus am Marienplatz (Baujahr um 1770) errichtet worden und bestand nur aus einem großen Klassenraum im Erdgeschoss und einer Lehrerwohnung in der oberen Etage.

Der Freilinger Schulbetrieb war dann von 1916 bis 1933 zweiklassig angelegt, das bedeutete, dass der Lehrer die Oberklasse in dem Schulgebäude an der Martinusstraße unterrichtete, während eine Lehrerin die Unterklasse in der alten Schule am Marienplatz betreute.

Später wurde das ältere Schulgebäude neben der Kapelle dann zum Kindergarten umfunktioniert, womit dann zusätzlich auch die Unterklasse in die "neue" Schule umzog. Zeitweilig wurden hier dann bis zu 120 Kinder in dem Raum mit den hohen Decken unterrichtet. Und da nicht alle Schüler der verschiedenen Altersstufen gleichzeitig Platz fanden, wurde damals vormittags wie nachmittags Unterricht abgehalten, quasi im Wechselunterricht bei nur einer halben Stunde Mittagspause dazwischen.

Jahrelang fand man sich mit diesen Schulverhältnissen ab. 1951 wurde zur Freude des damaligen Lehrers Klauer dann doch endlich gegen einige finanzielle Bedenken im Freilinger Gemeinderat nach vorangegangener kontroverser Diskussion ein mehrheitlichen Beschluss zum schon länger geplanten Bau gefasst.

Und auch das Regierungsbauamt in Aachen gab am 18. Mai 1951 grünes Licht. Doch wegen der fehlenden Finanzierung (60.000 DM sollte der Bau insgesamt kosten, wovon 20.000 DM von der Gemeinde Freilingen aufzubringen waren), konnte der Neubau nicht begonnen werden, zumal Freilingen als einer der ärmsten Gemeinden im damaligen Kreis Schleiden galt und die monatlichen 2.000 DM für Tilgung und Zinsen nicht aufbringen konnte.

Viele amtliche Stellen bemühten sich daraufhin, die Finanzierung doch noch zu ermöglichen. So sagte Oberkreisdirektor Dr. Gerhardus auf einer Dorfversammlung Anfang März 1954, an der 70 Bürger teilnahmen: "Wenn Euch Eure Kinder so viel wert sind, dass Ihr ihnen eine geräumige Schule gönnt, dann wird sich auch ein Weg finden, den Willen in die Tat umzusetzen. Und für unsere Kinder sollte uns nichts zu schade sein!"

Er forderte die Anwesenden auf, die ängstlichen Bedenken zurückzustellen und ein echtes Gemeinschaftswerk zu schaffen. Und tatsächlich, die anschließende Abstimmung ergab dann auch, dass alle hinter dem Projekt standen und Hilfe leisten wollten. Das beeindruckte dann nicht nur den Oberkreisdirektor, so dass die Amtsverwaltung in kürzester Zeit einen Finanzierungsplan erstellte und der Bau nach Ostern 1954 beginnen konnte. 

So gelang es den Freilinger Bürgern dann letztlich doch, trotz geringer Mittel den 7 mal 9 m großen Anbau hinter der alten Schule in nur sieben Monaten zu realisieren, nicht zuletzt aufgrund 2500 freiwillig geleisteter Arbeitsstunden.

Und das Ergebnis konnte sich wahrlich sehen lassen, zumal sich Lehrer Klauer noch einiges hatte einfallen lassen, um den Anbau durch den Einbau historischer Elemente zu verschönern.

So wurden in dem Verbindungstrakt, der sog. Regenhalle, in dem sich auch die neuen Toiletten befanden, römische Ziegel an die Wand angebracht.

Diese waren bei Grabungsarbeiten in Freilingen gefunden worden, denn in römischen Zeiten war in Freilingen eine der größten Ziegeleien der Region angesiedelt. 

An der Warmluftheizung im neuen Schulraum hatte man zudem mehrere alte Takenplatten als Schmuck eingebaut, wie sie früher an der Rückseite offener Kamine zu finden waren. Damit wirkte der Raum aufgrund der zahlreichen Fensterelemente nicht nur besonders hell und freundlich, sondern aufgrund der Platten und des tatsächlich für die Heizung genutzten Kachelofens fast schon gemütlich.

Entsprechend zufrieden war Lehrer Klauer dann auch am Ende der Bauarbeiten mit dem neuen Gebäude und war auch sehr bemüht, seinem Stolz auf einer ansprechenden Einweihungsfeier Ausdruck zu verleihen. 

In einer Sitzung des Freilinger Gemeinderats Ende November 1954 wurde dann das "Festprogramm" für die Einweihungsfeier besprochen. Der eigentlichen offiziellen Einweihung sollte sich eine Feierlichkeit im Saal Luppertz mit geladenen Gästen anschließen. Am Abend sollte dann die Dorfgemeinschaft dazu geladen werden.

Und während der Festakt geplant wurde, war man am Gebäude noch mit den allerletzten Arbeiten beschäftigt, die dann tatsächlich auch erst kurz vor der Einweihungsfeier abgeschlossen wurden.  

Am 1.12.1954 verschickte Lehrer Klauer dann die "Einladung an alle" - zwar etwas kurzfristig, aber mangels anderweitiger Großereignisse war ohnehin schon jeder über den Festakt informiert und gespannt auf die vielen Ehrengäste. 

Und die kamen am 4. Dezember zur offiziellen Einweihung dann auch reichlich: neben dem Landtagsabgeordneten Dr. Schwering erschien alles, was in der damaligen Politik Rang und Namen hatte: Oberkreisdirektor Dr. Gerhardus, Oberregierungsrat Hilgers von der Schulabteilung der Regierung Aachen, Schulrat Blom, Amtsbürgermeister Plützer und Amtsdirektor Völler. Und natürlich waren auch der damalige Bürgermeister von Freilingen Hubert Illingen und Pfarrer Heinrich Lenzen vor Ort, an einem Samstagmorgen um 9.30 Uhr. 

Zahlreiche Reden und Festansprachen wurden gehalten, in denen das vollendete Werk und die fleißigen Helfer gelobt wurden. 

Vor allem auch Kreisdirektor Dr. Gerhardus sprach der Gemeinschaftsleistung von Freilingen, die nicht nur beim Schulbau, sondern auch bei allen anderen öffentlichen Belangen zum Ausdruck komme, ein großes öffentliches Lob aus. Der Gemeinschaftssinn liegt den Freilingern offenbar in den Genen. 

Nachdem Bürgermeister Illingen

(Bürgermeister Hubert Illingen, daneben stehen von links: Vera Schulze, Else Keller, Marlene Jüngling, Dieter Helmes und Günter Illingen)

an Lehrer Klauer die Schlüssel der neuen Räume übergeben hatte, erklang der Choral "Großer Gott wir loben Dich", gespielt von der "Blaskapelle", dem erst 1952 neu gegründeten Musikverein Freilingen.

(Leo Mungen dirigiert die Musiker, vorne Alfred Riethmeister, ganz rechts Clemens Neubusch)

Lehrer Klauer, der den Festakt im wesentlichen organisiert hatte, dankte in bewegten Worten für die Glückwünsche und wies darauf hin, dass hier nicht nur eine Schule entstanden sei, sondern ein kultureller Mittelpunkt der Gemeinde. Dieser neue zweite Schulraum solle nämlich von Zeit zur Zeit auch als Gemeinschaftsraum für die Erwachsenen zur "Erwachsenenbildung" dienen, z.B. für einen Vortrag oder eine Filmvorführung. Als hätte er es damals schon vorausgeahnt, in welcher Weise irgendwann einmal diese Räumlichkeiten genutzt würden. 

Nach ausgiebiger Besichtigung der neuen Anbauten konnten die früh angereisten Honoratioren dann in der Gaststätte Luppertz ein ausgiebiges Frühstück genießen, zusammen mit den ebenfalls geladenen offiziellen Handwerkern.

Ab 20.00 Uhr durfte dann auch die Dorfgemeinschaft dazukommen und bei musikalischen Klängen des jungen Musikvereins die Gemeinschaftsleistung feiern. Für die freiwilligen Helfer gab es dabei sogar als Dankeschön Gutscheine für Essen und Getränke. 

Wie lange man an diesem Abend im Saal von Luppertz die neue Schule, auf die eigene Leistung und den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft angestoßen hat, ist nicht bekannt.

Aber da es noch kein Barbara-Konzert gab (das fand zum ersten Mal am 2. Dezember 1962 anlässlich des 10jährigen Bestehens des Vereins statt), wird man sicherlich ausgiebig den gemeinsamen Abend zum Feiern genutzt haben. 

Wir können jedenfalls heute noch froh sein, dass die Freilinger damals diese Mühen des Neubaus auf sich genommen haben, denn seit 2011 betreiben wir bekanntlich in den Räumlichkeiten der "Neuen Schule" (danach Kindergarten) unser Bürgerhaus, u.a. auch für Vorträge und demnächst wie geplant auch Filmvorführungen, ganz so, wie sich das der alte Lehrer Klauer einst gedacht hat...

(Krimilesung mit Ralf Kramp 2013)

Übrigens, die für November 2020 eingeplante Krimilesung mit Ralf Kramp ist nur aufgeschoben und nicht aufgehoben und findet voraussichtlich am 17. April 2021 statt...hoffentlich!

 

 

 

 

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